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 Euer Leben in kurzen Hosen
Michael aus Zofingen Offline



Beiträge: 273

24.12.2011 16:17
Michael, du bist repräsentativ! Zitat · Antworten

Heute Morgen kurz vor 8 Uhr radelte ich zum Einkaufen, selbstverständlich barfuß und in kurzen Hosen. Vorher wollte ich noch am Postomaten Geld ziehen. Ich sah schon eine ziemliche Anhäufung von Menschen. Diese wollten allerdings nicht zum Postomaten, sondern ins Postamt, das erst um 8 Uhr seine Pforten öffnet. Unter diesen Wartenden war auch ein früherer Mitarbeiter (Analytiker im mittleren Kader), der vor ca. 15 Jahren mit 55 (oder 56?) aus dem aktiven Berufsleben freiwillig ausgeschieden war. Da die Post noch dicht war (und ich auf das Geld noch ein paar Minuten warten konnte), kamen wir ins Gespräch.

Überrascht war er nicht zu meiner Aufmachung. Zwar kannte er mich auf dem Firmenareal nur in Dienstkleidung, aber nach seinem Rücktritt sind wir uns noch einige Male begegnet, und das war nicht selten im Winter, während ich in nicht übermäßig winterlicher Kleidung unterwegs war. Er sagte als erstes: „Du scheinst wohl nie zu frieren, es ist doch kalt!“ Worauf ich entgegnete: „Plus 4 Grad, das ist doch nicht kalt für Heiligabend!“ Und schon fragte er, ob es mir in der Firma noch gefalle. Darauf entgegnete ich, daß es mir sehr wohl noch gefalle, auch wenn sich einiges geändert habe. Auch sagte ich, daß ich mir allmählich überlege, bei einem allfälligen „Nichtmehrgebrauchtwerden“ mir nicht wirklich eine neue Arbeit zu suchen. Ich wäre mittlerweile 55 und würde noch 2 Jahre Arbeitslosengeld bekommen. Das sollte sicher reichen, da ich ja nicht gerade übermäßig verschwenderisch lebe. Worauf Ruedi (so heißt der Mann) sagte: „Das sieht man!“, und blickte auf meine Nichtschuhe, meine kurze Hose, die ursprünglich mal eine lange Diensthose war, dann auf mein Velo, das auch alles andere als ladenneu war. Dann sagte ich: „Es könnte sogar von finanziellen Nachteil sein, wenn ich mich anderswo bewerbe, weit weg von Zofingen. Speziell dann, wenn mir der neue Arbeitsplatz nicht gefällt oder die Leute mit mir nicht zufrieden sind. Dann lebe ich in einer anderen Stadt, zahle erheblich mehr Miete, und selbst wenn ich nach Zofingen zurückkomme, finde ich sicher nicht solche eine günstige Wohnung wie jetzt.“

Dann sprachen wir von einer Frau aus dem oberen Kader, die seit fast einem Jahr woanders arbeitet, was Ruedi jedoch noch nicht wußte. Ich erzählte ihm, daß man sie quasi querversetzt habe, als die oberste Führungsriege gewechselt hatte. Daraufhin habe sie sich um eine neue Stelle beworben und eine in einem Beratungsunternehmen im Zürcher Oberland gefunden. Ich sagte noch: „Für die jetzige Führungscrew war sie nicht mehr repräsentativ, da hat man sie auf einen wenig attraktiven Posten versetzt und an ihrer Stelle einen geschniegelten und gebügelten Mann eingestellt. Den hält man aus heutiger Sicht für repräsentativ!“ Darauf sprach Ruedi, abermals den Blick gegen unten werfend: „Michael, du bist repräsentativ. Mit dir habe ich immer gerne zusammen gearbeitet!“ Dann verabschiedete er sich und ging ins Postamt.

Schöne Weihnachtsgrüße
Michael aus Zofingen

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