Du bist vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klick hier, um Dich kostenlos anzumelden Impressum 


Forenübersicht | Suche | Registrieren | FAQ

Login

Disclaimer - rechtliche Hinweise
Du kannst Dich hier anmelden
Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 761 mal aufgerufen
Bei Antworten informieren
 Reaktionen der Umwelt auf Eure kurzen Hosen
Michael aus Zofingen Offline



Beiträge: 273

13.02.2010 09:50
Eine Reaktion aus Basel Zitat · Antworten

Hallo Mitglieder dieses Forums,

wie sicher einige wissen, war ich am 2. Weihnachtstag mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Basel unterwegs. Ich war barfuß und in kurzen Hosen unterwegs und wurde von der Polizei aus der Straßenbahn geholt. Da ich angesichts der frühen Tageszeit und nur wenig Fahrgästen vermutete, daß der Tramchauffeur die Polizei gerufen hatte, beschwerte ich mich mit folgenden Worten am 29.12.2009 bei den Verkehrsbetrieben:

„Am Stephanstag war ich im Besitz einer City-Card Zofingen-Basel, womit ich auch die Tramlinien in der Stadt uneingeschränkt benutzen darf. Vom Bahnhof SBB fuhr ich mit der BLT-Linie 11 bis St. Louis Grenze, blieb jedoch im Fahrzeug sitzen. Dieses ist zweifellos nicht verboten. Auch verzehrte ich nichts im Fahrzeug und tat auch sonst nichts verbotenes (z.B. Verschmutzung des Fahrzeugs). Ich war lediglich geringfügig weniger winterlich gekleidet als einer, der sich den ganzen Tag auf der Skipiste befindet. Trotzdem wurde ich vom Tramchauffeur, der Polizei ausgeliefert. Um 7.37 Uhr bestiegen zwei Uniformierte an der Haltestelle Schifflände (nahe der Wache Spiegelhof) das Tram, um mich abzuführen, während sie einem anderen Menschen, der eingeschlafen war und eine ausgelaufene Bierdose unter dem Sitz liegen hatte, kein Haar krümmten. Ich frage Sie nun: Ist die Einhaltung einer Kleiderordnung im Tram wichtiger als die Hinterlassung eines sauberen Fahrzeugs? Eigentlich benutze ich gerne die Trams und anderen öffentlichen Verkehrsmittel in Basel wegen ihrer Zuverlässigkeit, Bequemlichkeit usw. Aber das intolerante Verhalten jenes Tramchauffeurs erinnert mich stark an deutsche Verhältnisse vor ca. 70 Jahren. Ich erwarte, dass dieser Mann für sein Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen wird. Sollte sich ein solcher Vorfall wiederholen, sehe ich mich leider gezwungen, auf Ihr Verkehrsangebot zu verzichten und in Basel das Auto zu benutzen.“


Am 5.1.2010 erhielt ich folgende Antwort (Anrede und Gruß lasse ich aus Gründen der Diskretion in diesem Post aus):

„Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit zum Verfassen Ihres Schreibens genommen haben. Solche Mitteilungen bieten uns die Gelegenheit die Qualität unserer Dienstleistung zu verbessern und, zumindest teilweise, einen kleinen Einblick hinter die Kulissen zu gewähren. Gerne nehmen wir zu Ihrem Schreiben kurz Stellung. Bitte entschuldigen Sie die späte Bearbeitung.
Die von Ihnen geschilderte Situation ist tatsächlich äusserst unschön und entspricht natürlich nicht unserer Vorstellung bezüglich Kundenfreundlichkeit.
Dank Ihren sehr exakten Angaben ist es uns möglich, den betroffenen Mitarbeiter, sobald dieser aus dem Urlaub zurück ist, zu einem klärenden Gespräch beim Betriebschef einzuladen.
Sollten tatsächlich wir die Polizei aufgeboten haben, so bitten wir Sie um Entschuldigung. Wir wünschen Ihnen Gesundheit und alles Gute zum neuen Jahr.“


Es passierte nichts weiter, bis ich am 1.2.2010 folgendes fragte:

„Sie haben mir am 5.1.2010 geschrieben, es zu einem klärenden Gespräch zwischen dem Betriebschef und dem betroffen Mitarbeiter kommen wird, wenn er aus den Ferien zurück ist. Hat dieses Gespräch in der Zwischenzeit stattgefunden? Wenn ja, was ist dabei herausgekommen?“


Darauf erhielt ich am 8.2.2010 vom Verkehrsunternehmen folgenden Schrieb:

„Der Mitarbeiter ist aus dem Urlaub zurück und das Gespräch konnte durchgeführt werden. Allerdings musste ich bis heute mit der Befragung des entsprechenden Fahrdienstleiters warten. Die unregelmässige Arbeitszeit unserer Mitarbeiter erleichtert solche Bearbeitungen leider nicht. Bitte entschuldigen Sie die Wartezeit.
Wir haben also den Mitarbeiter gefragt, ob er via Leitstelle oder sogar auf direktem Weg die Polizei aufgeboten hat. Er hat dies klar verneint.
Auf Grund dieser Aussage gehen wir davon aus, dass es sich dabei um ein Versehen handelt oder dass die Polizei eventuell von einer anderen Person avisiert wurde.
Für Ihr Interesse am öffentlichen Verkehr bedanken wir uns und wünschen uns, Sie trotzdem auch langfristig als zufriedenen Kunden in den Fahrzeugen der BLT begrüssen zu dürfen.“


Was soll man von dem ganzen halten? In derjenigen Geschäftsstelle eines Verkehrsunternehmens, in der die Beschwerden der unzufriedenen Fahrgäste behandelt werden, dreht es sich meistens um ganz andere Themen (z.B. unpünktliche, überfüllte oder dreckige Fahrzeuge, randalierende andere Fahrgäste, Kontrolleure, die gleich eine Buße kassieren, weil man sein Abo vergessen hat, zu hohe Fahrpreise, grimmig dreinblickende Fahrer). Sicher kommt es aber auch vor, daß sich „Spaßvögel“ den Jux erlauben, sich über angebliche Vorfälle zu beschweren, die es gar nicht gegeben hat. Und mit Internet passieren solche „Scherze“ sicher öfters als am Telefon, mit normalem Brief oder gar bei persönlichem Erscheinen in der Geschäftsstelle.

Möglicherweise hat der Mann von den Verkehrsbetrieben auch vermutet, daß sich ein gelangweiter „Troll“ einen Scherz erlaubt hat. Wer ruft schon wegen eines „geringfügig weniger winterlich gekleideten Fahrgastes“ die Polizei? Vielleicht hat er aufgrund meiner präzisen Angaben geglaubt, ich hätte vor dem Schreiben der Beschwerde im Internet den Fahrplan konsultiert, um die genaue Uhrzeit herauszufinden, wann das Tram an welcher Haltestelle ist (das habe ich auch getan, da ich Tage nach besagtem Vorfall den Fahrplan nicht im Kopf habe). Möglicherweise hat der Mitarbeiter das ganze gar nicht weitergeleitet, sondern mich vertröstet in der Hoffnung, der Fall würde sich von selbst lösen. Sicher hat er nicht damit gerechnet, daß ich mich wegen so einer Kleinigkeit wieder melden würde. Als ich das doch tat, hat er möglicherweise eine Notlüge erfunden.

Möglicherweise hat der Mensch sich auch tatsächlich bemüht, das ganze aufzuklären. Falls der Fahrer tatsächlich über sein Handy (also über den nichtoffiziellen Weg) aus Sorge um meine Gesundheit wegen meiner Barfüßigkeit/Kurzhosigkeit die Polizei gerufen haben sollte, hat er möglicherweise aus Angst vor Konsequenzen seine Vorgesetzten angelogen. Oder aber er hat zugegeben, die Polizei gerufen zu haben, jedoch nicht wegen eines „geringfügig weniger winterlich gekleideten Fahrgastes“, sondern wegen eines Fahrgastes, der überhaupt nicht der Witterung entsprechend gekleidet war. Sollte jemand anders im Tram die Polizei gerufen haben, hätte der Fahrer sicher mitbekommen, daß die Polizei dort war und er hätte es der Geschäftsstelle mitgeteilt.

Die Fahrzeuge der Basler Verkehrsunternehmen sind videoüberwacht. Ich weiß nicht, ob die Bilder nur an die Geschäftsstelle gehen oder auch direkt an die Polizei. Falls letzteres in Basel der Fall sein sollte, dann wäre das aus datenschützerischen Gründen nicht ganz legal. Daß ein Verkehrsunternehmen nicht offiziell zugibt, daß Videoaufnahmen direkt bei der Polizei landen, ist nachvollziehbar.

Meine persönliche Meinung ist, daß meine Beschwerde nicht über den Schreibtisch des zuständigen Sachbearbeiters hinausgegangen ist, er mich sozusagen für einen Troll gehalten hat.

Hätte ich mich im Beschwerdeschreiben präziser ausdrücken sollen? Etwa „Ich war barfuß, in kurzen Hosen und in einer Sommerjacke unterwegs, so wie ich mich bei dieser Jahreszeit bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel am wohlsten fühle“? Wäre die Antwort dann anders gewesen?

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Senti Offline

Admin


Beiträge: 942

13.02.2010 13:11
#2 RE: Eine Reaktion aus Basel Zitat · Antworten

Hallo Michael,

Das sind doch teilweise Standardschreiben mit ein paar warmen Worten zum vertrösten. Die Polizei kann auch durchaus feststellen wer sie gerufen hat. Nur ob sie dir das mitteilen ist ne andere Sache. Da soll man nicht rassistisch sein, aber man selbst wird wegen seiner etwas anderen Kleidung gleich quasi vorrübergehend arrestiert. Sowas regt mich auf, als wenns keine schlimmeren Probleme gäbe. Schließlich bist du ja nicht nackt rum gelaufen oder sonst wie anstößig.

Gruß
Thomas

Was nicht tötet, härtet ab

Michael aus Zofingen Offline



Beiträge: 273

13.02.2010 15:07
#3 RE: Eine Reaktion aus Basel Zitat · Antworten

Hallo Thomas,

vielleicht ist hier das Wort "femdenfeindlich" angebracht. Alles was in irgendeiner Art abweichend, ist "fremd" und wird beargwöhnt. Der "normale" Deutschschweizer hat eine weiße Haut, redet schweizerdeutsch und trägt im Winter lange Hosen und Schuhe. Eine Abweichung vom Mainstream führt meistens noch nicht zu einer Kontrolle, bei zweien (etwa barfuß und kurze Hose) schon. Dem Ausehen Aussehen nach bin ich mitteleuropäisch. Wenn ich aber meinen Schweizer Ausweis vorzeige (ich bin seit 2005 Schweizer Staatsbürger, vorher war ich Deutscher) und typisch norddeutsch rede, werden die Kontrollen noch schäbiger. Besonders skeptisch sind die "Kontrollorgane" in der Schweiz, aber auch in Norddeutschland. Denn dort wird sofort gemerkt daß Paß und Sprache nicht zusammenpassen. Im Saarland oder Sachsen dagegen fällt es nicht so auf. Sprache und Ausweis deuten darauf hin, daß man nicht-saarländisch bzw. nicht-sächsisch ist.

Wirklich wissen kann die Polizei nicht, wer angerufen hat. Es läßt sich lediglich herausfinden, von welchem Apparat angerufen wird, nicht aber, ob der Anrufer identisch mit dem Telefonbesitzer ist. Ich glaube auch nicht, ob die Polizei ohne Hilfe bzw. Mitwissen von der Telefongesellschaft mit eigenen technischen Mitteln in der Lage ist, den Anrufer herauszufinden. Sicher würde sie nicht von sich aus versuchen, wegen Tragen von kurzen Hosen im Winter den Anrufer zu ermitteln. Sebst wenn die Polizei den Anrufer kennt, dürfte sie dessen Namen nicht einfach an den Kurzhösler weiterleiten. Vermutlich darf die Polizei erst dann aktiv werden, wenn man den Anrufer anzeigt, wegen Verleumdung, Freiheitsberaubung (man kam zu spät ans Ziel), Verdienstausfall (man kam zu spät zur Arbeit), Schmerzensgeld (bei der Kontrolle mußte man zu lange in der Kälte stehen).

Vermutlich hätte man höchstens in den USA Chancen, aus derartigen Kontrollen Kapital zu schlagen (wegen der "No-shoes-no-shirt-no-service-Schilder" hat man als Barfüßer in den USA keine Chancen, über kurze Hosen regt sich dort jedoch kaum ein Polizist auf). In Deutschland oder der Schweiz dagegen nicht.

Was "schlimmer Probleme" anbelangt, habe ich manchmal den Eindruck, als ob die Schweizer (und auch die deutsche) Polizei manchmal absichtlich dort einschreitet, wo sie selbst nichts zu befürchten hat. Ich erinnere mich an einen Fall in Luzern: Eine Rentnerin fuhr bei trübem Wetter mit ihrem mit Einkaufswaren vollbepackten Fahrrad die menschenleere Seepromade entlang, anstatt die parallel verlaufende Straße, wo reger Autoverkehr herrschte, zu benutzen. Zwei Polizisten rissen die alte Frau vom Velo, so daß sie querschnittgelähmt blieb. Zwar ist dort Fahrverbot, jedoch war der Einsatz unverhältnismäßig. Beim Radfahren auf einem menschenleeren Fußweg wird niemand gefährdet, auf der Straße dagegen war sie vor Autos nicht sicher. In derselben Stadt dagegen fuhren zwei ausländische Jugendliche mit Mofas auf derselben Seepromenade, als es von Menschen nur so wimmelte. Die Menschen wurden riskant umkurvt, aber die Polizei griff nicht ein. Vermutlich hatten die Polizisten Angst, daß bei einer Kontrolle der ausländischen Jugendlichen plötzlich ein Mensch aus der Menge (etwa der Vater oder ein älterer Bruder) den Beamten ein Messer in den Bauch rammt, um die Ehre der Sippe zu retten.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Siegfried Hase Offline




Beiträge: 583

15.02.2010 10:10
#4 RE: Eine Reaktion aus Basel Zitat · Antworten

Salut Michael!

Zitat von Michael aus Zofingen

Hätte ich mich im Beschwerdeschreiben präziser ausdrücken sollen? Etwa „Ich war barfuß, in kurzen Hosen und in einer Sommerjacke unterwegs, so wie ich mich bei dieser Jahreszeit bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel am wohlsten fühle“? Wäre die Antwort dann anders gewesen?


Das hielte ich tatsächlich für möglich, daß die Antwort dann anders aussehen hätte können. Es wäre dann unmißverständlich klar, daß Du grundsätzlich gewohnheitsmäßig so angezogen bist.

Hier will ich nochmal meine ursprüngliche Antwort zu dieser von Dir geschilderten Begebenheit hinkopieren, für die leute, die diese nicht kennen:
Salut Michael!

Na, siehst Du! Wenn man den (fehl geleiteten) Uniformierten nicht gar zu ‘feindselig‘ gegeüber tritt, dann halten sich so Kontrollen auch in Grenzen.

Es sind zwar nicht meine (und auch nicht Deine) Steuergelder, doch was am Stephanstag so viel Polizei in Basel soll, das erschließt sich mir mal gar nicht. Weiter erschließt sich mir das gehäufte Auftreten derselben nicht. Aber, wie gesagt, es sind weder meine noch Deine Steuergelder und um ‘ihre‘ Kantonspolizei sollen sich die Basler mal schön selber kümmern....

Gerold


Für dieLeute, welche den ganzen Vorgang nicht kennen, daran aber interessiert sind die Links:
http://www.forumromanum.de/member/forum/...by_barfuss.html
http://www.forumromanum.de/member/forum/...by_barfuss.html

Wie Kurt C. hose schon schrieb, es kommt darauf an, wie man den Leuten gegenüber auftritt! Kommt mir einer gleich:"Wieso? Das ist nicht verboten!" gehen bei mir die 'Rolläden runter. Kommt mir der und erklärt, daß er sich dabei wohlfühlt, dann lasse ich mich zumindest auf eine Diskussion ein.

Gerold

Flohmarkt... »»
 Sprung  
Xobor Ein Kostenloses Forum | Einfach ein Forum erstellen
Datenschutz