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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Euer Leben in kurzen Hosen
Michael aus Zofingen Offline



Beiträge: 273

06.02.2010 16:58
Kurze Hosen und Vorstellungsgespräche Zitat · Antworten

Hallo,

in kurzen Hosen auf Stellensuche? Schwer vorstellbar, wenn es sich um einen Beruf dreht, bei dem man keine derartige Kleidung tragen darf. Es sei denn, man hat eigentlich keinerlei Interesse an dem Job, den einem die „Bundesagentur für geregelte Armut“ oder das „Raff“ unterjubeln wollen. In den Jahren 1986-1988 befand ich mich auf Stellensuche, da ich nicht ewig als Assistent an der Uni von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hüpfen wollte.

An der Uni war ich im Sommer das Tragen von kurzen Hosen gewohnt, aber wenn ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, erschien ich in „ordentlicher“ Kleidung: Jackett, Krawatte, lange Tuchhose, geschlossene Halbschuhe, dunkle Socken. Allerdings hatte ich keine Lust, diese „Dienstkleidung“ den ganzen Tag zu tragen. Öfters reiste ich zwar in Dienstkleidung zum Termin (sie sollte ja nicht faltig werden), aber nach dem Termin wollte ich nicht unbedingt mit dem nächsten Zug auf dem schnellsten Weg zurück nach Oldenburg, sondern noch irgendwas unternehmen. Und dazu eignet sich bequeme Freizeitkleidung besser als Dienstkleidung. Vielfach trug ich die kurze Hose bereits unter der langen Diensthose, damit ich mich zu keinem Zeitpunkt in der Unterhose befand. Nicht immer war es einfach, einen geeigneten Ort zum Umziehen. Oftmals nahm ich auch Sandalen mit, um nicht die ganze Zeit Halbschuhe tragen zu müssen (heute würde ich einfach nur Schuhe und Socken ausziehen). Ich werde hier ein paar Beispiele bringen (nicht alle):

Mein erstes Vorstellungsgespräch war im Juli 1986 in Düren. Im Taxi wurde ich noch zum Bahnhof gebracht. Anstatt direkt in den Bahnhof zu gehen, suchte ich eine Plakatwand auf, um mich umzuziehen. Mit dem Zug fuhr ich nach Köln, wo ich vorher noch nie war. Ich besuchte auch den Kölner Dom. Kein „Domschweizer“ hat mich wegen der kurzen Hose rausgeschmissen.

Im selben Monat war ich noch in Marl, dort konnte ich mich erst auf der Zugtoilette umziehen. Wenig später war ich in Düsseldorf. Hinterher ging ich zum Rhein, der nicht weit war.

Im August 1986 war ich in Darmstadt. Ich reiste schon am Vortag an (in kurzen Hosen). Nach einigen Stunden Aufenthalt in der Stadt bezog ich das Hotel (in langen Hosen, die ich wenige 100 m vom Hotel entfernt über die kurze zog). Nach dem Gespräch wurde ich zum Bahnhof gefahren. Es gelang mir, mich vor Abfahrt des Zuges noch Freizeitkleidung anzulegen. Es war noch Zeit, etwas in Frankfurt zu unternehmen. Ich wurde nicht aus dem Dom geschmissen.

Im September 1986 war ich in Dreieich. Anstatt mich danach mit dem Taxi zum Frankfurter Hauptbahnhof bringen zu lassen, ließ ich mich nur bis zum „Waldbahnhof“ Neu-Isenburg bringen. Hinter Bäumen wechselte ich mein Outfit, um weiter mit der Straßenbahn zu fahren, man gönnt sich ja sonst nichts!

Im Oktober 1986 hatte ich ein Gespräch in Hanau und zwei Tage später in Wuppertal. In Dienstkleidung reiste ich nach Hanau, im Gepäck befand sich ein Schlafsack. Nach dem Gespräch irgendwo umziehen in Freizeitkleidung durch die Stadt. Ich übernachtete im Schlafsack in der Nähe des Mains. Am nächsten Tag fuhr ich in kurzen Hosen bis Köln, mit Zwischenstationen in Koblenz, Remagen (kein Problem wegen meiner kurzen Hosen im Brückenmuseum) und Bonn. In Köln wurde ich von der Polizei kontrolliert wegen meiner Kleidung (dabei war es tagsüber ca. 23°C gewesen). Ich übernachtete in einer Parkanlage nahe dem Westbahnhof. Am Morgen ging ich bereits in Dienstkleidung zum Bahnhof, um nach Wuppertal zu fahren. Nach dem Gespräch zog ich mich irgendwo im Gebüsch um, ging zum Gabelpunkt, um mit der damals noch existierenden Straßenbahn zum anderen Endpunkt in Oberbarmen zu fahren, dann mit der Schwebebahn bis Vohwinkel und dann mit Eisenbahnen weiter.

Ganz lustig war es im Mai 1988 in Frankfurt. Ich hatte dort zwei Vorstellungsgespräche bei verschiedenen Unternehmen, eines am Mittwoch vor und eines am Freitag nach Himmelfahrt. Da mein Bruder zu der Zeit in Kelkheim wohnte, gab es bzl. Übernachtung kein Problem. Nach dem ersten Gespräch wechselte ich gleich in der Taunusanlage die Dienstkleidung gegen Freizeitkleidung, um dann mit der K-Bahn nach Kelkheim zu fahren. Mein Bruder war nicht anwesend, seine Vermieterin ließ mich rein. Am nächsten Tag fragte sie mich, daß es ihr aufgefallen war, daß ich in kurzen Hosen angekommen war und ob ich so auch zum Vorstellungsgespräch gekommen war. Ich antwortete, daß ich mich in der Taunusanlage umgezogen hätte.

Noch im selben Monat hatte ich ein Vorstellungsgespräch in Wien. Ich flog von Bremen dorthin, wurde nach dem Gespräch ins Hotel gebracht. Natürlich wollte ich nicht im Hotel bleiben, also ging ich gleich wieder raus (ohne Krawatte und Jackett, aber in langen Hosen). Draußen zog ich mich bequemer an, und erst kurz vor dem Hotel zog ich mich wieder spießig an. Und am nächsten Tag (ein Freitag)? Ich verließ das Hotel in „ordentlicher“ Hose, um sie wenige Meter weiter zu wechseln. Vor dem Abflug ging ich noch durch Wien, wo ich vorher nie war. Im Stephansdom bekam ich keinerlei Probleme mit meiner nicht-Petersdom-konformen Behosung. Auch im Flugzeug wurde ich nicht näher gefilzt. Von Bremen wollte ich aber nicht nach Oldenburg, sondern zu meinen Eltern im Hamburger Raum. Meine Mutter wußte, daß ich nicht aus Oldenburg kam, sondern aus Wien. Sie hatte vorher noch am Telefon gesagt, daß ich mir um meine Diensthose wegen Falten keine Sorgen machen brauchte. Ich bräuchte sie also nicht wie in Frankfurt in einer Anlage wechseln. Sie würde sie aufbügeln. Die Vermieterin meines Bruders hatte also meinen Eltern mitgeteilt, was ich „verbrochen“ hatte. Ihr Mann, ein promovierter Physiker, fand mein Verhalten dagegen toll – einfach den Alltag abstreifen. Also „mußte“ ich wieder einmal die Diensthose anziehen, bevor ich das Elternhaus erreichte.

Erwähnen möchte ich noch ein Vorstellungsgespräch, das dazu geführt hat, daß das unstete Leben ein Ende hatte. Am 23. 8.1988 fand es statt, zufällig am 60. Geburtstag meines Vaters. Am Tag zuvor war ich noch mit anderen Unikollegen geschäftlich in München gewesen. Vor deren Abreise kehrten wir noch irgendwo ein. Wie sie mir später mitteilten, hatten sie vor, mich ziemlich besoffen zu machen, damit ich die Stelle in Zofingen nicht bekomme. Sie wollten weiter mit mir zusammen arbeiten. Während meine Kollegen mit dem Nachtzug nach Oldenburg mußten, bereitete ich mich auf die Weiterreise nach Zofingen vor. Kaum waren meine Kollegen weg, verschwand die Dienstkleidung in der Tasche, denn mein Zug würde erst am Morgen fahren, solange machte ich noch München unsicher. Erst zwischen Olten und Zofingen, wechselte ich auf der Zugtoilette wieder die Kleidung. Nach dem Gespräch (es dauerte höchstens eine Stunde) zog ich mich unter einer Bahnbrücke, nur 50 m von der Firma um und machte so noch die Zofinger Altstadt unsicher. Bis Oldenburg würde ich ohnehin nicht mehr kommen, also reiste ich bis Freiburg im Breisgau, um die Nacht in den Straßen zu verbringen. zufällig war am nächsten Tag Sperrmüllabfuhr, einige hatten den Müll schon an die Straße gestellt. Unter anderem hatte jemand eine Bohrmaschine an die Straße gestellt und jemand anders ein Fahrrad mit kaputter Gangschaltung, ansonsten aber fahrtüchtig. Wie schön! Konnte ich wenigstens mal in kurzen Hosen durch „Zwangsburg“ radeln. Bergauf ging es wegen der defekten Gangschaltung und des Gepäcks (samt Bohrmaschine) nicht. Am Morgen schob ich das Velo über einen Schotterweg den Schauinsland hoch, und runter ging es auf einer Asphaltstraße. So verbrachte ich noch einige Zeit in Freiburg. Das Velo ließ ich am Bahnhof stehen, aber die Bohrmaschine nahm ich mit nach Oldenburg.

Womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte: Ausgerechnet bei dem Unternehmen, bei dem das Gespräch nur kurz war, nämlich in Zofingen wurde ich eingestellt. Diesem Unternehmen bin ich bis heute treu geblieben. Auch wenn es dort ein paar Bünzlis gibt, die sich darüber aufregen, daß ich in der FREIZEIT kurze Hosen und keine Schuhe trage und deswegen sogar schon beim Personalchef antanzen mußte, habe ich den Schritt nicht bereut. Die meisten Arbeitskollegen wissen meine Mitarbeit zu schätzen, trotz (oder gerade wegen?) meiner eigenwilligen Freizeitkleidung. Die Bohrmaschine vom „Zwangsburger Sperrmüll“ befindet sich übrigens in meiner Wohnung in Zofingen.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

LUKAS Offline

Admin


Beiträge: 2.028

11.03.2010 10:47
#2 RE: Kurze Hosen und Vorstellungsgespräche Zitat · Antworten

Ich gehe auch kurz behost auf Stellensuche. Allerdings ziehe ich dazu ein schickes Hemd an, was in die Hose gesteckt ist. Mit aufgekrämpelten Ärmeln. Die Shorts ist dann auch sehr chic. Also keine Strandshorts oder sowas..
Schaut echt klasse aus

Allerings kommts natürlich drauf an, wo man sich bewirbt. Als Bankkaufmann würde ich mich so nicht vorstellen kommen.
Und generell nicht bei Jobs, wo Anzugpflicht besteht.
Bei allen anderen ist das aber OK denke ich.

Elegante kurze Hose + elegantes Hemd schaut allemal seriöser aus als lange Jeans mit T-Shirt.
Stimmts oder hab ich Recht

Siegfried Hase Offline




Beiträge: 583

11.03.2010 11:43
#3 RE: Kurze Hosen und Vorstellungsgespräche Zitat · Antworten

Salut Lukas!

Sicher MUßT Du so zum vorstellungsgespräch!!!

Nach meiner Erfahrung wird Authentizität/Ehrlichkeit bei Personalchefs hoch bewertet. D. h. es wäre voll daneben sich zu verkleiden - entweder Du a5rbeitest dann immer so 'verkleidet' und fühlt sich dabei nicht wohl oder Du erscheinst in Dir angenehmer Kleidung (das, wie Du es schreibst ist chic und hat Stil) und dann bleibt nicht lange verborgen, daß Du Dich beim vorstellungsgespräch verkleidet hast.

=> Normal, chic und ordentlich aber wenn man die sonst auch trägt, in kurzer Hose hingehen und lieber von sich aus (!) sagen, daß man gerne kurze Hosen trägt, das aber wohl im angestrebten Job keine rolle spielen dürfte. Sollte mal Anzug-Dresscode-Vorschrift sein, dann kommt man auch in Anzug und Krawatte. Dann weiß der Personaler gleich, daß er hier jemand vor sich hat, der sich Gedanken gemacht hat und der weiß, was sich gehört. Sowas ist den allermeisten Personalchefs 100 mal lieber als wenn sie Tehater vorgespielt kriegen - denn viel spielen Tehater und die Personaler sind darauf trainiert zu sehen ob jemand spielt oder 'echt' ist.

Gerold

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